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Europeana

Cristina Vidal

Cristina Vidal

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Mitte November ging die europäische virtuelle Bibliothek Europeana online und gleich darauf auch wieder offline. Man hatte wohl nicht mit der enthusiastischen Reaktion der Europäer gerechnet: 20 Millionen Aufrufe pro Stunde zwangen das Portal in die Knie. Kurze Zeit später gab es nur noch ein virtuelles Baustellenschild statt der europäischen Google-Konkurrenz. Die Lachnummer war serviert.

Nun hat sich Europeana nach einer Umbau- und Vergrößerungsphase wieder zurückgemeldet und scheint für den zweiten Anlauf besser gerüstet zu sein.

Von Anfangsschwierigkeiten und diversen Kinderkrankheiten abgesehen, ist das von der Stiftung für die Europäische Digitale Bibliothek getragene Projekt vielversprechend und ehrgeizig: Bis 2010 sollten mehr als 10 Millionen digitale Einträge zur Verfügung stehen und als Portal Datenbanken in ganz Europa verknüpfen.

Zwar ist bislang gerade einmal ein mickriges Prozent der europäischen Archive digitalisiert, die virtuelle Bibliothek bietet aber jetzt schon eine beträchtliche Zahl an digitalisierten Dokumenten: Bücher, Veröffentlichungen aller Art, Fotos, Videos und Tondateien.

Damit steht zumindest der Grundpfleiler des europäischen Pendants zur Google-Bibliothek, die vielen europäischen Staaten nach ihrem Start ein Dorn im Auge war. Noch liegt Google in allen Bereichen an der Spitze. Aus Nutzersicht allerdings ist es gut, auch über weitere Informationsquellen zu verfügen, zumal es sich bei manchem Europeana-Dokument um Exklusivmaterial handelt.

Europeana bindet Inhalte verschiedenster europäischer Bibliotheken, Pinakotheken, Archiven und Audiosammlungen in das Portal ein. Der Webauftritt ist mit den wichtigsten europäischen Sprachen mehrsprachig gestaltet. Die Mehrzahl der Dokumente stammt allerdings aus französischen, britischen und niederländischen Quellen, da die initiative und die Digitalisierungsarbeit vornehmlich in diesen Ländern stattgefunden haben. Es bleibt zu hoffen, dass weitere europäische Länder ihre Kulturschätze nach und nach in das Archiv einfließen lassen.

In Deutschland findet man bisher lediglich ein Prozent digitalisierte Bibliotheksinhalte, so dass die Suche nach deutschsprachigen Quellen eher magere Ergebnisse erbringt. Aus deutschen Archiven findet man vor allem Material der Deutschen Fotothek der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden.

Sobald man einen Suchbegriff eingibt, erscheinen sehr schnell nach Dateityp geordnete Ergebnisse. Filter nach Datum, Sprache, Land, Anbieter oder Dokumententyp erlauben dem Nutzer auch bei reichhaltigen Ergebnislisten schnell zum Ziel zu gelangen. Wer einfach gerne herumstöbert, kommt hier voll auf seine Kosten. Interessant ist die Onlinebibliothek vor allem bei älteren Dokumenten: Gescannte Originale aus dem 17. bis 19. Jahrhundert schaut man bequem online auf dem PC an. Damit erhalten auch interessierte Hobbyhistoriker und Nichtakademiker Zugang zu Dokumenten, die sie unter normalen Umständen wohl kaum ausgehändigt bekämen.

Bei Multimediainhalten ist die Auswahl leider noch sehr beschränkt, zumal vieles aus urheberrechtlichen Gründen nicht komplett vorliegt. Man kann allerdings in viele Ausschnitte aus Liveaufnahmen des 20. Jahrhunderts hineinhören, da beispielsweise der Bestand der französischen Mediathek Cité de la musique erfasst ist.

Der Onlinedienst lässt schon jetzt das Potential erkennen, Googles Initiative auf europäischer Ebene eines Tages zu überflügeln. Da dies aber zahlreiche bürokratische und politische Hürden überwinden muss, wird es wohl noch einige Jahre dauern, bis Europeana wirklich ein identitätsstiftende, europäische Anlaufstelle wird.

Via OnSoftware

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