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Softonic Japan nach dem Tsunami: Interview zur Lage der Redaktion

Anke Anlauf

Anke Anlauf

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Wie Tausende andere Menschen auch, haben unsere Kollegen von Softonic Japan die Folgen des zerstörerischen Tsunamis am eigenen Leibe zu spüren bekommen. Nach dem Erdbeben in Tokio war das Softonic-Büro von stundenlang andauernden Stromausfällen betroffen, die Züge im Großraum Tokio verkehrten nur eingeschränkt. Zum Glück ist den Kollegen selbst nichts Schlimmeres passiert. Wir haben mit Takashi Uchida, unserem Softonic Country Manager in Japan, gesprochen und ihm Fragen zur aktuellen Situation und möglicher Unterstützung gestellt.

Takashi, wie habt Ihr von Softonic Japan den Tsunami am 11. März 2011 erlebt?

Also bei uns in Tokio hatten wir ja keinen Tsunami, sondern ein Erdbeben. Meine Kollegin Akari und ich waren gerade dabei, in den Aufzug im Gebäude unserer PR-Partner zu steigen – das war um 14:46 Uhr. Fünf Sekunden später wären wir im Aufzug gewesen. Das Gebäude, der Boden und sogar die Straße schwankten wie eine Welle. Es war wirklich gefährlich, aber ich war sehr ruhig und kontrolliert. Wir hatten zuvor bereits mehrere Erdbeben gehabt, aber nur eines der Stärke 9.0. Wir warteten 30 Minuten vor dem Gebäude, aber unsere Partner machten nicht auf. Deshalb entschieden wir uns dafür, ein Taxi zurück zu unserem Büro zu nehmen.

Wie sah es dort aus und wie ging es dem Rest des Teams?

Um 15:50 Uhr erreichten wir das Gebäude und trafen unsere Kollegen Eri und  Yuri in unserem Büro  im 15. Stock an.  Wir schlossen das Büro umgehend und machten uns auf den Heimweg. Akari und Yuri erzählten später, dass sie nicht nach Hause konnten, weil die Bahnhöfe total überfüllt waren.  Beide sind dann erst am Samstag, also einen Tag später, zu Hause angekommen. Kollegin Eri musste zu Fuß gehen, ein dreistündiger Marsch, immer wieder erschüttert von Nachbeben. Ich selbst bin zunächst eine Stunde lang gelaufen, bevor ich kurz vor Anbruch der Dunkelheit beschloss, mir ein Fahrrad zu kaufen.

Wie sieht die Lage in Tokio jetzt aus und was hat sich an Eurem Alltag geändert?

Seit einer Woche geht alles mehr oder weniger wieder seinen normalen Gang – abgesehen von einigen Stromausfällen und einem Mangel an Lebensmitteln. Wir arbeiten wie gewöhnlich, wir kommen zwischen 7 Uhr und 8:30 Uhr ins Büro. Eine knappe Woche lang haben wir abends früher aufgehört zu arbeiten, da weniger Züge fuhren und um Strom zu sparen. Seit 18. März arbeiten wir aber wieder bis circa Mitternacht. Ich glaube, das Leben kommt schnell wieder zum Alltag zurück – dank der Kraft der Japaner, dank der japanischen Produktivität, auf die ich sehr stolz bin.

Du selbst warst früher als Nuklearphysiker tätig – was denkst Du über die Strahlenbelastung, die von dem Atomkraftwerk in Fukushima ausgeht?

Das Problem sind die japanischen Medien, die gleich zu Anfang sehr negative Nachrichten verbreitet haben,  die natürlich viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben. Die Strahlenbelastung in und um Tokio herum ist sehr sehr gering. Natürlich ist die Lage ernst, aber lange nicht so gefährlich wie so manche Medien wiedergeben. Strahlenbelastungen wie etwa beim Röntgen, auf einem Flug zwischen Barcelona und New York oder die Auswirkungen des chinesischen Atomtests vom vergangenen Jahr sind 100 bis 5.000 mal höher als die maximale Belastung in Tokio, die derzeit als etwa 20 mal höher als normal angegeben wird. Also keine Sorge 🙂

Habt Ihr das Gefühl, die Situation ist unter Kontrolle oder fühlt Ihr Euch sehr bedroht durch Unsicherheit?

Wie bei anderen Nachrichten auch, kommt es darauf an, wie man die Informationen aufnimmt. Manche Menschen sind sehr skeptisch und machen sich zu viele Sorgen, andere verstehen die tatsächlichen Fakten – und zwar in diesem Fall, dass die Strahlenbelastung sehr gering ist und kein Problem darstellt. Aus meiner Management-Erfahrung heraus weiß ich, dass die Situation, auch wenn eine gewisse Unsicherheit besteht, unter Kontrolle ist. Unsicherheit ist ein grundlegender Faktor in Sachen Management, da wir die Zukunft nicht voraus sagen können.

Was können die Menschen außerhalb Japans tun, um zu helfen?

Das wichtigste ist, die Fakten zu sehen, ruhig zu bleiben und nicht überzureagieren, wie beispielsweise viele Medien oder manche Leute in sozialen Netzwerken. Meine größte Sorge ist, dass die japanischen Medien, die diese negative Kampagne ins Leben gerufen haben, selbst Japan zerstören. Bereits jetzt haben negative Gerüchte Auswirkungen in Form einer abnehmenden Zahl an Touristen, weniger internationale Investitionen, potenziell ein ökonomischer Abschwung, das Risiko des Fallenlassens bisheriger Pläne für mehr Atomenergie – und mal ehrlich: wie könnte Japan ohne Atomenergie überleben? Also bleibt bitte ruhig und seid beruhigt. Das wünsche ich mir von den Menschen außerhalb Japans am allermeisten.

Das Interview führte Anke Anlauf.

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